Der Schlamm verschluckte alles, was er ausgrub. Jede Handvoll, die er ausgrub, rutschte wieder an ihren Platz und löschte seine Bemühungen aus, als wäre die Erde lebendig. Owens Hände waren gefühllos, sein Atem ging stoßweise, der Regen brannte ihm ins Gesicht, als er versuchte, den Hund zu befreien. Er wimmerte einmal, schwach und angestrengt, die Augen vor Panik geweitet.
“Ruhig”, murmelte er mit zittriger Stimme. Er fuhr mit der Hand an seiner Seite entlang und suchte nach der Stelle, an der er sich verfangen hatte. Seine Finger trafen auf etwas Festes unter der Oberfläche. Etwas, das dort nicht sein sollte. Der Hund zuckte zurück, drehte sich leicht, ein leiser Schrei grollte in seiner Brust. Was auch immer ihn festhielt, es ließ ihn nicht los.
Er versuchte es noch einmal, grub schneller, und der Schlamm sackte um seine Handgelenke zusammen. Der Regen wurde stärker und ertränkte das Geräusch seines Atems. Die Bewegungen des Tieres verlangsamten sich, bis nur noch sein flacher Atem zu hören war. Owens Herz pochte in seiner Kehle. Wenn er weitergrub, würde er es lebendig begraben. Wenn er anhielt, würde es sowieso sterben.
Owen war diese Strecke schon hundertmal gefahren. Der schmale Feldweg schlängelte sich durch niedrige Hügel und Ackerland, vorbei an verrosteten Briefkästen und denselben schiefen Zaunpfählen, die er kaum noch wahrnahm. Er war auf halbem Weg zu seiner letzten Lieferung und dachte hauptsächlich an Kaffee und trockene Socken, als sich der Himmel zu verändern begann.

Zuerst war es nur eine Verdunkelung des Lichts, als hätte jemand die Helligkeit des Tages verringert. Dann kam der Wind mit schnellen, ungeduldigen Böen, die die Bäume zum Zittern brachten. Er warf einen Blick durch die Windschutzscheibe. Die Wolken hatten sich zu einem einzigen langen blauen Fleck verdichtet, der sich über den Horizont zog.
Der erste Tropfen traf seine Scheibe, dann ein weiterer, dann Dutzende weitere. Innerhalb von Sekunden war es eine Regenwand. Die Straße wurde glitschig, der Schlamm weichte unter den Reifen auf. Er schaltete die Scheibenwischer ein, lehnte sich näher an die Scheibe und blinzelte auf die kurvige Straße vor ihm.

Einen halben Kilometer weiter entdeckte er eine Bewegung, der Hang zu seiner Rechten schien falsch, irgendwie dunkler. Dann erkannte er, dass die Seite des Hügels zusammengebrochen war und Schlamm und Wurzeln in den Straßengraben ergossen hatte. Es war kein richtiger Erdrutsch, sondern nur eine unschöne Verschüttung durch den Regen, der den Mutterboden aufgelockert hatte. Er wurde langsamer und suchte den Rand nach heruntergefallenen Trümmern ab. In diesem Moment sah er den Hund.
Zuerst sah er aus wie ein Teil des Erdrutsches selbst: braun, durchnässt und halb mit Schlamm bedeckt. Dann bewegte er sich. Der Hund scharrte mit den Pfoten auf dem zusammengebrochenen Boden, wühlte wie wild und winselte zwischen den Atemzügen. Jedes Stückchen Schlamm fiel einfach wieder zurück, aber er machte weiter, unermüdlich, als ob etwas Wertvolles darunter begraben wäre.

Owen runzelte die Stirn. Er nahm den Fuß von der Bremse und ließ den Wagen im Leerlauf laufen. Es war nicht ungewöhnlich, dass man in dieser Gegend Streuner sah, aber dieser schien verzweifelt zu sein. Er lehnte sich über den Sitz und riss das Fenster auf. Regen prasselte herein, kalt und scharf.
“Hey, Kumpel!”, rief er. Sein Kopf zuckte einmal zu ihm hin, dann wieder zur Erde. Das Geräusch, das er von sich gab, war kein Bellen, es war ein Flehen, rhythmisch und heiser. Einen Moment lang dachte Owen daran, anzuhalten, auszusteigen und nachzusehen, was los war. Aber der Schlamm sah tückisch aus, glitschig wie Öl, und er hatte noch ein Paket abzuliefern.

Wenn er jetzt anhielt, würde er nur mit Schlamm bedeckt werden und zu spät zu seiner Übergabe kommen. Er seufzte. “Ich werde auf dem Rückweg nach Ihnen sehen”, murmelte er leise und kurbelte das Fenster hoch. Die Gestalt des Hundes verschwand hinter dem Regenvorhang, als er losfuhr.
Der Sturm wurde schlimmer. Die Straße verengte sich zu einem Tunnel aus Wasser. Als er das Bauernhaus am Ende des Weges erreichte, liefen die Dachrinnen über, die Einfahrt war ein seichter Bach. Er parkte unter einem Baum, schnappte sich das Paket von der Ladefläche und sprintete zur Veranda.

Noch bevor er klopfen konnte, öffnete eine Frau die Tür. Sie war mittleren Alters, ihre Schürze war feucht, ihr Haar in Eile zurückgesteckt. “Haben Sie das überstanden?”, fragte sie und unterschrieb die Quittung mit einem schnellen Gekritzel. “Es schüttet schon seit Mittag.”
“Ja”, sagte Owen und zwang sich zu einem höflichen Lächeln. “Die Straße sieht nicht gut aus”, sagte er. “Es würde mich nicht wundern, wenn es heute Nacht noch mehr Erdrutsche gibt”, antwortete sie und reichte ihm das Klemmbrett zurück. “Passen Sie auf sich auf.”

Er nickte, bedankte sich bei ihr und joggte zurück zum Wagen. Der Regen hatte zu einem Nieselregen nachgelassen, die Luft war plötzlich kühler geworden. Als er wegfuhr, quietschten die Scheibenwischer trocken über die Windschutzscheibe, ihr Rhythmus markierte die Stille, die sich über alles gelegt hatte.
Er versuchte, nicht an den Hund zu denken. Aber jede Kurve auf der Straße, jeder nasse Schlammfleck zog seine Gedanken zurück zu ihm. Er stellte sich vor, wie er immer noch wühlte, die Pfoten wund, und in den Regen bellte. Er hätte wenigstens nachsehen sollen. Nur ein kurzer Halt, höchstens fünf Minuten.

Als er wieder die Kurve erreichte, wurde er instinktiv langsamer. Der Himmel hatte sich leicht aufgehellt, ein schwaches Grau nach dem Sturm. Die Rutsche sah jetzt anders aus: breiter, glatter, der Regen hatte den Schlamm zu einem festen Hang verarbeitet.
Er parkte auf dem Seitenstreifen und stieg aus. In der Luft lag der Geruch des Regens, eine Mischung aus Erde und etwas leicht Metallischem. Der Hund war immer noch da. Diesmal grub er nicht. Er bewegte sich überhaupt nicht. Sein Rücken war mit Schlamm bedeckt, sein Schwanz steif und unbeweglich. Nur die leiseste Bewegung seines Kopfes verriet ihm, dass er noch lebte.

Owens Brust zog sich zusammen. “Oh, nein…”, murmelte er und watete näher. Der Boden saugte an seinen Stiefeln, jeder Schritt war schwer. “Hey”, rief er leise, mit unsicherer Stimme. “He, Junge…” Die Ohren des Hundes zuckten, aber er drehte sich nicht um. Er war jetzt halb eingegraben, eine Pfote ganz untergetaucht, die Brust flach gegen die Erde gedrückt.
Die Augen blickten einmal zu ihm, glasig, müde, dann wieder nach unten. Er hockte sich in die Nähe, vorsichtig, um es nicht zu erschrecken. Aus der Nähe konnte er sehen, wie verfilzt sein Fell war, übersät mit Schmutz, Blättern und sogar ein paar Rindensplittern. Seine Atmung war flach, angestrengt. Er streckte langsam eine Hand aus.

“Ganz ruhig…” Der Hund stieß einen tiefen, gutturalen Laut aus, nicht aggressiv, nur eine Warnung. Sein ganzer Körper zitterte einmal, dann wurde er wieder ruhig. “In Ordnung”, flüsterte Owen mit leiser Stimme. “Okay. Ich werde dir nicht wehtun.”
Er ging näher heran und versuchte, den Schlamm an der Flanke des Hundes zu entfernen. Die Oberfläche gab zuerst leicht nach und sackte weg wie nasser Lehm. Er schaufelte mit beiden Händen, aber je tiefer er grub, desto schneller füllte er sich wieder. Der Schlamm war lebendig und rutschte immer wieder dorthin zurück, wo er begonnen hatte. Der Hund winselte, bewegte sich aber nicht, seine Augen blickten auf den Boden, nicht auf ihn.

Owen erkannte, dass er keine Angst vor ihm hatte, sondern davor, was der sich bewegende Schlamm anrichten könnte. Er versuchte es noch einmal auf der anderen Seite, diesmal langsamer, in der Hoffnung, eine Lücke in der Nähe seiner Rippen zu finden. Innerhalb von Sekunden begann sich der kleine Graben, den er gezogen hatte, zu schließen, und Wasser sickerte durch den weichen Boden. Mit jedem Versuch schien der Hang tiefer zu sinken.
“Verdammt”, murmelte er, und sein Atem beschleunigte sich. Er hielt inne, die Hände schwer vom Schlamm, und sah das Tier an. Sein Brustkorb hob sich einmal, zweimal, dann blieb er wieder ruhig. Jeder Muskel schien an seinem Platz zu verharren, als ob es verstand, was er nicht verstand, dass zu viel Bewegung alles noch schlimmer machen konnte.

Owen lehnte sich keuchend zurück, der Schlamm tropfte ihm von den Händen. Er blickte auf den Hang, auf das schwache Glitzern des Wassers, das von oben herabrieselte, und konnte sehen, wie sich der Boden mit jeder Schaufel, die er nahm, ein wenig mehr unter dem Hund senkte. Wenn er weiter darunter grub, würde er nur noch tiefer sinken.
Er beugte sich wieder vor, ohne zu wissen, warum. Vielleicht aus Instinkt. Vielleicht Schuldgefühle. Der Atem des Hundes hatte sich beruhigt, ein schwaches Auf und Ab unter der dicken Schlammschicht. Owen zögerte, dann ließ er eine Hand langsam an der Seite des Hundes entlang gleiten und versenkte die Finger neben ihm in die kalte Erde.

Etwas Festes traf auf seine Berührung; kein Fels, keine Wurzel. Es hatte Kanten. Gerade Kanten. Einen Moment lang dachte er, es könnte ein Stück Holz sein, das darunter vergraben war, aber als er versuchte, es zu ertasten, gab die Oberfläche leicht nach, weich wie ein von Schlamm durchweichter Stoff.
Der Hund spannte sich an, ein Zittern lief durch seinen Körper. Seine Augen richteten sich auf seine Hand, ein warnendes Flackern, nicht. Owen erstarrte, der Puls stieg. Er flüsterte: “Ganz ruhig, ich will dir nicht wehtun.” Aber die Neugierde war stärker als die Vorsicht. Er strich erneut über den Schlamm, diesmal spürte er eine kleine Erhebung oder Ecke, etwas, das sich fest unter der Brust des Tieres verkeilt hatte.

Es fühlte sich nicht wie der Hang selbst an. Es war etwas anderes. Von Menschenhand gemacht, vielleicht zu glatt, zu eben. “Worauf liegst du, hm?”, murmelte er leise vor sich hin. Er konnte nicht viel sehen; das Gewicht des Hundes und das schwache Abendlicht verdeckten alles. Aber je mehr er nachforschte, desto deutlicher wurde, dass etwas mit ihm darunter eingeklemmt war.
Vielleicht ein Stück Metall. Ein Griff? Ein Stück Zaun? Der Gedanke ließ seinen Magen zusammenziehen. Vielleicht war der Hund nicht nur müde. Vielleicht hatte sich etwas da unten in ihm verfangen; ein Nagel, ein Draht, ein vergrabener Schrott von der Rutsche. Das könnte erklären, warum er sich nicht rührte, warum er in dieser unnatürlichen Stille verharrte.

Er versuchte erneut zu tasten und ließ seine Finger tiefer gleiten, bis der Hund ein leises Knurren von sich gab; ein angestrengtes, erschöpftes Geräusch, das sowohl Halt als auch Bleiben zu bedeuten schien. Owen zog seine Hand langsam zurück, Schlamm lief an seinem Handgelenk hinunter.
Was auch immer es war, es war nicht nur Dreck. Irgendetwas unter dem Körper gehörte nicht dorthin, irgendetwas hielt das Tier an seinem Platz fest. Er lehnte sich wieder zurück und wischte seine Hand an seinem Oberschenkel ab, sein Herz pochte immer noch. Die Augen des Hundes wichen nicht von ihm. In ihnen lag Angst, aber nicht vor ihm. Vor dem, was passieren könnte, wenn er zu stark zog.

Er suchte den Boden nach etwas ab, das ihm helfen konnte; irgendetwas, das er benutzen konnte, um den Schlamm zu verschieben, ohne ihm zu nahe zu kommen. Ein paar Meter entfernt lag ein dicker Stock, halb eingegraben am Fuß eines Baumes. Er zog ihn frei und testete sein Gewicht. Es war nicht viel, aber es war besser als seine Hände. “Also gut”, murmelte er. “Versuchen wir es auf eine andere Art
Er hockte sich wieder neben den Hund und schob den Stock unter seinen Bauch, wobei er darauf achtete, nicht zu stoßen. Der Schlamm wehrte sich wie nasser Zement und saugte das Holz ein, sobald er Druck ausübte. Er versuchte, es hochzuhebeln, gerade genug, um Platz zu schaffen, aber in dem Moment, in dem er es tat, sank der Stock halb ein und blieb fest stecken.

“Komm schon”, stöhnte er und drehte ihn. Der Boden schluckte nur noch mehr davon, und der Schlamm blubberte leicht um sein Handgelenk. Er riss es mit einem Schlürfen zurück und stolperte, als sein Stiefel abrutschte. Der Hund zuckte zusammen, ein scharfes Knurren entwich seiner Kehle. Jetzt war es lauter und noch abwehrender.
“Ruhig!” Owen schnappte instinktiv zurück und hob beide Hände. “Ich will dir nicht wehtun.” Das Knurren des Tieres ging in ein Zittern über, die Brust hob sich immer noch. Seine Vorderpfoten drückten sich tiefer in den Hang, als würde es sich verankern. Was auch immer sich darunter befand, es ließ nicht los, und der Hund ließ ihn nicht daran teilhaben.

Owen seufzte und ließ die Schultern sinken. “Na gut, schön”, murmelte er. “Wie du willst.” Er stand auf, wischte sich den Schlamm von den Knien und suchte die Straße nach jemandem ab; vielleicht nach jemandem, der wissen würde, was zu tun war. Die Welt war leer, bis auf das leise Rauschen des Wassers, das durch den Graben rieselte. Dann hörte er Stimmen. “Bist du das, Owen?”
Er drehte sich zu dem Geräusch um. Zwei Gestalten liefen die Straße aus Richtung der Stadt hinauf und teilten sich einen Regenschirm. Er erkannte sie, noch bevor sie winkten: Tom und Clara Miller, die den Eisenwarenladen neben dem Postamt betrieben. Gegen die schlammverschmierte Landschaft sahen sie absurd sauber aus.

“Meine Güte, was macht ihr denn hier draußen?” Rief Tom mit einem Lachen in seiner Stimme. “Habt ihr euch auf eurer eigenen Lieferroute verlaufen?” Owen zwang sich zu einem schwachen Grinsen. “So ähnlich”, sagte er und trat zur Seite, um den Hang freizulegen. “Hier ist ein Hund. Er steckt fest, seit der Regen eingesetzt hat.”
Claras Lächeln verschwand zuerst. Sie spähte über Toms Schulter und runzelte die Stirn. “Oh, armes Ding”, sagte sie. “Wie lange ist das schon so?” “Ein paar Stunden vielleicht”, sagte Owen. “Ich habe es vorhin graben sehen, bevor die Rutschung schlimmer wurde. Ich kam zurück und fand es so vor.”

Tom blinzelte das Tier an und schüttelte den Kopf. “Sieht schlimm aus. Hast du versucht, es herauszuziehen?”, fragte er und betrachtete die Situation vor ihm. “Ja”, sagte Owen leise. “Ich habe auch versucht zu graben. Der Schlamm zieht sich immer weiter zu. Es ist wie Treibsand.”
Als sie näher kamen, hob der Hund den Kopf und knurrte erneut; eine leise, stetige Warnung. Das Geräusch ließ die Luft irgendwie noch dichter werden. Tom blieb auf der Stelle stehen. “Wow”, murmelte er. “Er ist nicht glücklich.”

“Er ist verängstigt”, sagte Owen. “Oder verletzt.” Clara trat trotz des Zögerns ihres Mannes vor, ihre Stimme war sanft, aber bestimmt. “Hunde halten nicht so still, es sei denn, es stimmt wirklich etwas nicht.” Sie hockte sich neben Owen, wobei sie darauf achtete, Abstand zu halten. “Das arme Ding kann sich wahrscheinlich nicht bewegen. Vielleicht ist sein Bein eingeklemmt.”
Tom kniete ein paar Schritte zurück, die Hände auf den Knien. “Sieht aus, als wäre es halb eingegraben. Vielleicht hängt es an etwas darunter fest”, sagte er. “Das habe ich mir auch gedacht”, antwortete Owen und nickte in Richtung des Abhangs. “Ich habe versucht zu graben, aber der Schlamm bricht immer wieder ein. Es ist, als wollte man Suppe schöpfen.”

Clara runzelte die Stirn und musterte die Gestalt des Hundes. “Wenn er sich in einem Draht oder Holz von der Rutsche verfangen hat, könnte er sich etwas reißen.” Tom sah Owen an. “Hast du etwas im Wagen? Ein Seil? Ein Brett? Wir könnten es vielleicht auskeilen.” Owen wischte sich den Regen mit einem schlammigen Ärmel aus dem Gesicht. “Ich habe eine kleine Schaufel hinten drin. Sonst nicht viel.”
“Bring sie mit”, sagte Tom, der sich bereits auf den Wagen zubewegte. “Wenn wir langsam um ihn herum graben können, können wir das arme Ding vielleicht befreien.” Clara streckte eine vorsichtige Hand nach der Schnauze des Hundes aus, hielt aber kurz inne, als dieser ein leises Knurren von sich gab. “Hey, hey”, flüsterte sie. “Immer mit der Ruhe. Wir wollen dir doch nur helfen.”

Die Atmung des Tieres war rasend, jedes Ausatmen ein Zittern. Seine Augen verließen nie den schlammigen Boden unter seiner Brust. Clara zog ihre Hand langsam zurück. “Er hat Angst”, murmelte sie. “Wir müssen behutsam vorgehen.” Owen nickte und blickte zu Tom am Wagen. “Sanft ist alles, was wir haben.”
Als Tom vom Wagen zurückkam, hatte der Regen vollständig aufgehört. Die Wolken waren immer noch schwer, aber ein blasses Lichtband schob sich durch die Wolkenbrüche und tauchte den Hügel in ein mattes, silbriges Licht. Die Luft roch nach nasser Baumrinde und Rost. “Der Schlamm beginnt sich zu verfestigen”, sagte Tom und reichte Owen die kleine Schaufel. “Jetzt, wo der Boden etwas fester wird, ist es vielleicht einfacher.”

Owen nickte und hockte sich wieder neben den Hund. Das Tier beobachtete ihn misstrauisch, knurrte aber dieses Mal nicht, sondern zitterte nur. Er drückte das Blatt der Schaufel in den Hang und schaufelte vorsichtig. Die oberste Schicht löste sich in dicken Brocken.
“Vorsichtig”, murmelte Clara und kniete sich ihm gegenüber. “Wenn es sich an etwas Scharfem verfangen hat, wollen wir es nicht verletzen.” Owen knirschte mit den Zähnen. “Ich weiß.” Der Schlamm wehrte sich, schwer und widerwillig. “Es fühlt sich an, als würde der Boden das, was da unten ist, festhalten.”

“Vielleicht ist es Stacheldraht”, schlug Tom vor, der sich neben sie hockte. “Könnte von der Zaunlinie den Hügel hinuntergespült worden sein.” Bei der Vorstellung drehte sich Owens Magen um. Der Gedanke, dass das Tier die ganze Zeit dort gelegen hatte, festgehalten von einem rostigen Strang, ließ seine Hände schneller arbeiten, auch wenn er versuchte, vorsichtig zu bleiben.
Mit jeder Schaufel wurden die Umrisse des Hundes deutlicher: kräftige Schultern, ein dicker Hals, Rippen, die sich unter dem verfilzten Fell schwach bewegten. Der Schlamm klebte an allem wie Leim. Dann durchbrach ein Geräusch die Stille; ein leises, kurzes und hohes Geräusch. Clara schaute auf. “Hast du das gehört?”

Owen blieb stehen. Die Schaufel blieb mitten in der Bewegung stehen. “Ja. Wahrscheinlich der Hund.” Aber als das Geräusch wieder kam, diesmal dünner, schien es gar nicht vom Hund zu kommen. Es kam von unterhalb des Hundes. Tom runzelte die Stirn. “Was zum Teufel war das?”
Sie tauschten Blicke aus. Die Ohren des Hundes zuckten, der Kopf war immer noch gesenkt. Owen beugte sich näher heran und schob einen letzten Schmutzklumpen beiseite. Der Rand von etwas Flachem und Braunem kam unter der Brust des Tieres zum Vorschein. “Warte”, flüsterte er. “Hier ist etwas.”

Er grub nun mit den Händen und schob die dickeren Erdklumpen beiseite, bis die Form Gestalt annahm: eine Kiste, an den Seiten aufgeweicht und verzogen, aber oben seltsam intakt, geschützt durch das Gewicht des Hundes. “Er sitzt darauf”, sagte Clara leise. “Er hat die ganze Zeit auf diesem Ding gelegen.”
“Pappe”, murmelte Owen und fuhr mit der Hand über den Rand. “Die Unterseite ist durchnässt, aber die Oberseite ist fast trocken.” Der Hund wimmerte leise und verlagerte schließlich sein Gewicht so weit, dass sie die Kiste freischieben konnten. Der Schlamm saugte sich um ihn herum fest, ließ ihn nur widerwillig los und gab ihn dann mit einem leisen Schlürfen frei.

Owen zog sie näher heran und stellte sie auf den festeren Boden in der Nähe des Grabens. Die Kiste sackte leicht ab, die Seiten waren dunkel vor Feuchtigkeit. “Was in aller Welt …” Begann Clara, aber der Satz wurde unterbrochen, als ein weiteres kleines Geräusch aus dem Inneren kam. Es war nicht der Hund. Es war nicht einmal in der Nähe.
Owen zögerte, die Hand schwebte über der feuchten Klappe der Schachtel. Ein leises Rascheln kam aus dem Inneren, dann Stille. Er warf einen Blick auf die anderen. Claras Augen waren weit aufgerissen, Toms Mund war zu einem festen Zug verzogen. “Seid vorsichtig”, murmelte Tom. “Da könnte alles Mögliche drin sein.”

Owen nickte und schob seine Finger unter den nassen Karton. Sie löste sich mit einem feuchten Riss. Zuerst rutschte ein Klumpen Schlamm heraus, dann bewegte sich etwas Weiches darunter; klein, zitternd, halb verborgen. Einen Moment lang sprach niemand. Das Ding im Inneren zuckte wieder, ganz mit dickem braunen Schlamm überzogen, unter dem Dreck nicht zu erkennen. Ein zerbrechliches Wimmern entkam ihm, schwach, aber lebendig.
Clara keuchte. “Oh mein Gott, es bewegt sich.” Owen kniete nieder, sein Herz hämmerte. “Was zum Teufel ist das?”, flüsterte er. Tom blinzelte durch den Regen. “Ich glaube, es ist ein Welpe”, sagte er. “Da wäre ich mir nicht so sicher”, murmelte Clara und beugte sich näher heran. Das Ding zitterte in der zerstörten Kiste, glitschig vor Schlamm, und seine kleinen Gliedmaßen zuckten schwach.

“Seine Beine… sie sind zu kurz. Und die Krallen… sie sind dicker als sie sein sollten.” Owen runzelte die Stirn, unsicher. Die Kreatur stieß ein schwaches, röchelndes Geräusch aus, das man kaum als Schrei bezeichnen konnte. “Es atmet”, sagte Tom leise. “Was auch immer es ist, es atmet noch.”
Sie bewegten sich schnell. Clara holte ein Handtuch aus dem Wagen, einen alten Sitzbezug, und gemeinsam hoben sie das winzige Ding heraus, wobei sie darauf achteten, nicht zu fest zu drücken. Der Schlamm löste sich in dicken Klumpen und enthüllte nur Flecken von glattem, zitterndem Fell. Die Augen waren unter dem Dreck versiegelt. “Armes Ding”, flüsterte Clara. “Wie konnte er unter all dem überleben?”

Der Hund, der nun von der Last befreit war, sackte neben ihnen zusammen und hechelte schwach. Sein Brustkorb hob und senkte sich mit sichtbarer Anstrengung. Owen blickte zwischen ihm und dem kleinen, zitternden Bündel in seinen Händen hin und her. “Wir müssen sie beide zum Tierarzt bringen”, sagte er. “Sofort.”
Tom nickte und warf die Schaufel zur Seite. “In den Lastwagen”, sagte er. “Los geht’s.” Sie wickelten die Kreatur fest in das Handtuch. Sogar durch den Stoff hindurch war es beunruhigend leicht, zerbrechlich, als ob eine falsche Berührung es zerbrechen könnte. An seinem Fell oder seiner Haut klebte noch immer Schlamm, sie konnten nicht sagen, was.

Owen wischte einmal mit dem Daumen über sein Gesicht, zögerte aber. Der Schlamm war dort hart geworden und hatte eine Kruste gebildet. Er überlegte, ob er sie wegmachen sollte, hielt aber inne. Nach allem, was es durchgemacht hatte, wäre selbst das vielleicht zu viel.
Der Regen hatte längst aufgehört. Die Luft außerhalb des Lastwagens war kühl und schwer von der Feuchtigkeit, die sich an allem festsetzt. Von den Bäumen am Straßenrand tropfte es unaufhörlich, und in den seichten Pfützen spiegelte sich der blasse, verwaschene Himmel.

Clara saß halb in ihrem Sitz gedreht und blickte auf die kleine, in ein Handtuch gewickelte Gestalt in Owens Armen. “Das macht keinen Sinn”, sagte sie leise. “Die Kiste hätte sich mit Schlamm füllen müssen.” Tom nickte, die Augen auf die Straße gerichtet. “Ja. Das Ding war halb eingegraben. Es ist unmöglich, dass irgendetwas darin atmet.”
Owen sah auf das zerbrechliche Bündel hinunter, das sich kaum bewegte. “Vielleicht hat der Hund… Ich weiß es nicht. Vielleicht hat er den Deckel irgendwie versiegelt.” Clara dachte einen Moment lang nach. “Die Seiten waren durchnässt, aber der Deckel war fast trocken. Ist dir das aufgefallen?”

“Ja”, sagte Tom. “Das haben wir alle.” Sie nickte langsam, die Erkenntnis formte sich, während sie sprach. “Dann lag es nicht einfach nur so da. Es hat den Schlamm daran gehindert, einzudringen. Wie ein Deckel.” Tom lachte leise und ungläubig. “Du glaubst, es wusste, was es tat?”
“Ich weiß es nicht”, murmelte Clara. “Aber was auch immer es war, dieser Hund ist der einzige Grund, warum dieses Ding noch lebt.” Danach sprach niemand mehr. Die einzigen Geräusche waren das Brummen des Motors und das leise Atmen gegen das Handtuch in Owens Händen.

Hinter ihnen stieß der gerettete Hund einen tiefen, müden Seufzer aus, wobei sich sein Brustkorb in einem langsamen Rhythmus hob und senkte. Vor ihnen tauchte der schwache Schein der Tierklinik auf, ein hölzernes Schild, das sich sanft im Wind wiegte, und das Licht aus den Fenstern, das auf den aufgeweichten Boden fiel.
Tom lenkte auf den Schotterplatz und parkte. Owen stieg aus, bevor der Lkw ganz zum Stehen gekommen war, und drückte sich das Handtuch an die Brust. Die Haustür sprang auf, bevor Owen nach dem Griff greifen konnte. Dr. Mallory trat heraus, wischte sich die Hände an einem Handtuch ab und ihr Gesichtsausdruck wechselte von Verwirrung zu Alarm, als sie die schlammverschmierte Gruppe betrachtete.

“Was ist passiert?”, fragte sie und ließ ihren Blick von Owens schmutziger Kleidung zu dem Bündel in seinen Armen schweifen. “Wir haben es in einer Kiste gefunden”, sagte er mit unsicherer Stimme. “Unter einer Schlammlawine. Es ist am Leben, aber nur knapp.” Sie nickte einmal, zügig und gelassen. “Rein mit euch, schnell.”
Sie folgten ihr durch einen engen Korridor, der nach Desinfektionsmittel und feuchtem Fell roch. Das schwache Summen der Deckenbeleuchtung bildete einen klaren Kontrast zu der Welt, aus der sie gerade gekommen waren. Mallory wies auf einen Metalltisch. “Legen Sie es hierhin.” Owen legte das Handtuch hin. Die Kreatur darin bewegte sich schwach, als der Tierarzt die Ecken zurückzog.

Der Schlamm riss auf und blätterte ab, so dass Streifen von blassem Fell darunter hervortraten. Die Atmung war flach, aber gleichmäßig, kaum vorhanden, aber ausreichend, um von Bedeutung zu sein. Mallory arbeitete zunächst schweigend. Sie zog Handschuhe an, griff nach Mull und begann, die dickeren Schmutzklumpen zu entfernen. Jede Bewegung war wohlüberlegt, vorsichtig. “Sie sagten, es war unter einer Rutsche?”, fragte sie, ohne aufzublicken.
Owen nickte. “Ein Hund lag auf der Kiste, in der er war. Wir dachten, der Hund wäre eingeklemmt, aber…” Er brach ab, unsicher, wie er beschreiben sollte, was sie gesehen hatten. Mallory runzelte leicht die Stirn. “Das ist ungewöhnlich. Und ein Glück.” Tom bewegte sich unbeholfen in der Nähe des Türrahmens. “Es ist ein Wunder, dass es noch atmet.”

“Ein Wunder oder reiner Instinkt”, murmelte Mallory. “Wie auch immer, es hat dem Kleinen Zeit verschafft.” Im Raum wurde es wieder still. Nur das Summen des Neonlichts und das leise Rascheln ihrer Bewegungen erfüllten den Raum. Clara stand neben dem Waschbecken und verschränkte ihre feuchten Hände in ihrer Jacke. Owen bemerkte nicht, dass er den Atem anhielt, bis Mallory sich schließlich näher an das Gesicht der Kreatur heranlehnte.
Was immer sie sah, ließ ihren Gesichtsausdruck weicher werden. Sie strich den Schlamm sanft von der Schnauze und enthüllte eine kleine Nase, dann das schwache Muster der weißen Markierungen auf der Schnauze. Zwei winzige Ohren legten sich an den Schädel, und die kurzen Krallen zuckten leise gegen das Handtuch. “Es ist ein Dachsjunges”, sagte sie leise. Clara blinzelte. “Ein Dachs?”

Mallory nickte, ein kleines Lächeln flackerte in ihrem Mundwinkel auf. “Ein sehr junges Exemplar. Wahrscheinlich erst ein paar Wochen alt. Man erkennt ihn an den Krallen und der Zeichnung. Schwer zu sehen durch den ganzen Schlamm.” Tom atmete langsam aus. “Nun, ich will verdammt sein.”
Owen beugte sich näher heran und beobachtete, wie sich der kleine Brustkorb in einem unregelmäßigen Rhythmus hob und senkte. “Wird er es schaffen?”, fragte er. Mallory antwortete nicht sofort. Sie drückte zwei Finger sanft auf seine Seite und blickte dann auf. “Es ist stärker, als es aussieht, aber es war knapp. Unterkühlung, Sauerstoffmangel. Noch eine halbe Stunde und …” Sie schüttelte den Kopf. “Aber es hält durch.”

Clara stieß einen langen, zittrigen Atem aus. “Der Hund muss es gerettet haben.” Mallory nickte. “Nach dem, was du beschrieben hast, würde ich das sagen. Die Körperwärme, die Art und Weise, wie er die Kiste umhüllt hat, hat wahrscheinlich verhindert, dass das Luftloch kollabiert. Der Instinkt ist eine mächtige Sache.” Einen langen Moment lang sagte niemand etwas. Das Geräusch der schwachen, keuchenden Atemzüge des Dachses erfüllte die Stille, ein Rhythmus, der zugleich zerbrechlich und trotzig war.
Owen lehnte sich gegen den Tresen, der Schlamm trocknete an seinen Ärmeln. “Und was passiert jetzt?”, fragte er. “Ich behalte es über Nacht hier”, sagte Mallory. “Sobald es stabil ist, kann es der Tierschutz übernehmen. In der Nähe gibt es ein Reservat, die kümmern sich um verwaiste Wildtiere.” Er nickte langsam. “Gut. Das hat es auch verdient.” Hinter ihnen kümmerten sich bereits zwei von Mallorys Assistenten um den Hund.

Sie arbeiteten leise, wischten den Schlamm von seinem Fell und wickelten ihn in warme Decken. Die Augen des Tieres flatterten kurz auf und folgten dem Geräusch vom Tisch, bevor sie sich wieder beruhigten. Mallory blickte mit einem schwachen Lächeln über ihre Schulter. “Sie werden sich gut um sie kümmern. Ohne sie wäre die Kleine nicht hier.”
Die drei standen in stillem Einverständnis da. Draußen war der Wind völlig abgeflaut. Die Nacht fühlte sich sauber an, vom Sturm befreit, so wie es immer ist, wenn etwas trotz aller Widrigkeiten überlebt. Owen blickte wieder zu der kleinen Kreatur und stieß einen langen Atemzug aus, von dem er gar nicht wusste, dass er ihn angehalten hatte.
