Der Tag war perfekt gewesen, bis er es nicht mehr war. Claire war schon halb durch ein Kapitel durch, das sanfte Rauschen der Flut im Einklang mit ihrem Atem, als eine plötzliche, kalte Gischt ihre nackten Beine und ihren Oberkörper traf. Sie zuckte zusammen und richtete sich auf, als die Tropfen an ihrer Haut herunterliefen und den Stoff ihres Überwurfs dunkel färbten.
Ihr Blick schnellte zu der Quelle. Der Junge sprintete bereits davon, den Plastikeimer wild schwingend, sein Lachen hinter sich herziehend wie der Schweif eines Drachens. Claire bürstete die nassen Flecken auf ihrer Kleidung mit bewusster Sorgfalt, aber die Gelassenheit, für die sie die ganze Woche gekämpft hatte, begann sich bereits aufzulösen.
Einen Moment lang überlegte sie, es sein zu lassen. Ein unvorsichtiger Spritzer musste ihr nicht den Tag verderben. Doch dann sah sie in der Ferne, wie er den Eimer wieder füllte – das Wasser schwappte hoch über den Rand, während er mit einem Grinsen, das noch mehr Ärger versprach, auf sie zuwankte. Ihr Kiefer krampfte sich zusammen. Claires Gelassenheit sollte auf die Probe gestellt werden.
Claire hatte ihre Wohnung an diesem Morgen mit pochenden Kopfschmerzen und einem Telefon voller unbeantworteter E-Mails verlassen. Als langjährige Sekretärin von Bellingham & Co. hatte sie einst den sorgfältig geordneten Terminkalender ihres pensionierten Chefs Mr. Bellingham abgewickelt; ein Mann, der zwar anspruchsvoll war, aber zumindest ihren Fleiß schätzte.

Aber sein Sohn, der die Firma nach dem Rücktritt seines Vaters übernommen hatte, war eine ganz andere Sache. Ethan Bellingham jr. war ein verwöhnter Erbe mit mehr Ego als Erfahrung. Er bellte Befehle, als wären sie Gefallen und behandelte jede kleine Unannehmlichkeit wie einen persönlichen Affront.
Claires Arbeit war von stressig, aber überschaubar zu erstickend geworden unter seiner ständigen Erbsenzählerei, seinen impulsiven Forderungen und den endlosen “dringenden” E-Mails, die selten wirklich dringend waren. Diese Woche war eine der schlimmsten bisher gewesen.

Drei aufeinander folgende Besprechungen hatten länger gedauert als nötig, und jede war von Ethan Jr.’s herablassenden Bemerkungen und Änderungen in letzter Minute beherrscht worden. Als das letzte Gespräch zu Ende war, fühlte sich Claire wie ausgewrungen, gefangen zwischen ihrer Loyalität gegenüber dem Unternehmen und der wachsenden Gewissheit, dass ihr Chef kaum mehr als ein zu Wutanfällen neigendes Kind im Anzug war.
Aber die vergangene Woche war etwas ganz anderes gewesen. Drei aufeinanderfolgende morgendliche Besprechungen hatten ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt, jede einzelne eine Endlosschleife aus vagen Ausreden, widersprüchlichen Forderungen und neuen Problemen, die auf ihrem Teller abgeladen wurden.

Als das letzte Gespräch zu Ende war, fühlte sie sich ausgewrungen wie ein feuchtes Handtuch. Sie wusste, dass sie, wenn sie an ihrem Schreibtisch blieb, nur noch mehr Feuer entfachen würde, also klappte sie ihren Laptop zu, ignorierte die eingehenden Anrufe und beschloss zu fliehen.
Der Strand war schon immer ihr Zufluchtsort gewesen; einer der wenigen Orte, an denen sie ihr Telefon auf lautlos stellen konnte, ohne sich schuldig zu fühlen. Das Packen für die Reise kam ihr fast feierlich vor. Sie steckte ihr abgenutztes Taschenbuch in ihre Tasche, die sie schon seit Wochen aufbewahrt, aber nie die Ruhe gefunden hatte, sie zu öffnen.

Sie goss eine Thermoskanne mit Eistee ein, steckte einen kleinen Snack hinein und setzte ihren übergroßen Sonnenhut auf, ein schlaffes Ding mit Strohhalm, das sie für Tage reservierte, an denen sie im Hintergrund bleiben wollte. Die Fahrt war genau das, was sie brauchte.
Der Verkehr war gering, die Küstenstraße schlängelte sich zwischen sonnenbeschienenen Dünen und glitzerndem blauen Wasser hindurch. Bei heruntergelassenen Fenstern duftete die warme Luft nach Salz und Seetang, und die Anspannung in ihren Schultern ließ zum ersten Mal seit Tagen nach.

Als sie schließlich auf den Sand trat, wirkte das Geräusch der anrollenden Flut wie Balsam. Sie schlenderte an den belebtesten Ansammlungen von Sonnenschirmen und Strandtüchern vorbei, nicht auf der Suche nach völliger Einsamkeit, sondern gerade weit genug entfernt, um das Summen der Gespräche und das Quietschen der Kinder zu dämpfen.
Schließlich fand sie ein Fleckchen Sand, weit genug vom Haupteingang entfernt, um sich ruhig zu fühlen, aber immer noch in Sichtweite der anderen Strandbesucher. Das sanfte Rauschen der Wellen erreichte sie hier deutlich, nur unterbrochen vom gelegentlichen Schrei einer Möwe.

Sie breitete ihr Handtuch sorgfältig aus, zog ihre Sandalen aus und ließ sich auf ihrem Stuhl nieder, wobei sie ihre Thermoskanne mit Eistee in Reichweite stellte. Sie winkelte ihren Körper an und stützte sich auf, um in die vertraute Behaglichkeit ihres Buches zu versinken.
Die Sonne war warm, aber nicht drückend, Möwen zogen träge Bögen über ihr, und der sanfte Rhythmus der Gezeiten begann, jedes stressige Gespräch der Woche zu verwischen. Die erste halbe Stunde lang war es perfekt. Dann hörte man das Scharren einer Kühlbox, die über den Sand geschleppt wurde.

Claire blickte auf und sah eine Frau mit einem kleinen Jungen im Schlepptau ankommen, sieben, vielleicht acht Jahre alt, dessen nackte Füße unebene Spuren hinterließen, als er in kaum zu bändigender Aufregung von einem zum anderen hüpfte. Zu Claires Entsetzen blieben sie nur wenige Meter von ihm entfernt stehen, obwohl der Platz ringsum offen war.
Der Junge umklammerte einen kleinen Plastikeimer und stieß eine Reihe lauter, halbfertiger Sätze zu seiner Mutter aus. Sie versuchte, ihn mit einer Hand ruhig zu halten, während sie ihm Sonnencreme auf die Schultern schmierte, aber er drehte sich und quiekte dramatisch, wobei seine Stimme leicht an Claires Ohren drang.

Claire senkte ihren Blick wieder auf die Seite, entschlossen, es zu ignorieren, aber der schrille Ton durchbrach ihre Konzentration. Noch bevor die Sonnencreme eingerieben war, hatte sich der Junge losgerissen und war mit wild schwingendem Eimer zum Ufer gerast.
Claires Blick fiel auf die Mutter, die ein Zeichen der Besorgnis erwartete. Doch die Frau strich sich einfach mit ihren sandigen Handflächen über die Shorts, holte einen schlichten silbernen Laptop aus ihrer Tasche und begann zu tippen, ohne ihren Sohn auch nur anzusehen.

Claire fragte sich, ob es sie wirklich so wenig störte, dass er geradewegs ins Wasser sprintete? Oder war es ihr einfach egal? So oder so, es war eine Art von distanzierter Ruhe, bei der Claire nicht wusste, ob sie sie beneiden oder verachten sollte.
Sie nahm einen langsamen Schluck aus ihrer Thermoskanne und versuchte wieder einmal, das Rauschen der Wellen alles andere übertönen zu lassen. In diesem Moment kam der Junge den Sand hinaufgerannt und schrie seiner Mutter etwas von “kaltem Wasser” und “Krabben” zu, wobei er jedes Wort mit einem Stampfen unterstrich, das feinen Sand auf Claires Handtuch spritzte.

Die Frau sah nicht auf, die Finger flogen immer noch über ihre Tastatur, sie murmelte nur ein abgelenktes “Das ist schön, Schatz”, bevor sie sich wieder ganz ihrem Bildschirm zuwandte. Die Ausflüge des Jungen zum Strand wurden zu einer Schleife: zum Wasser rennen, einen Eimer voll schöpfen, zurückrennen und ihn an einem fragwürdigen Ort auskippen.
Manchmal war es im Sand, nur um zu plätschern. Manchmal war es in einer flachen Grube, die er gegraben hatte und die einen Miniatursumpf bildete. Einmal landete es direkt auf seinem eigenen Handtuch und durchnässte die Ecke, in der ein Taschenbuch lag.

Jedes Mal ertappte sich Claire dabei, wie sie zu ihrer Mutter schaute, in der Erwartung, dass sie auch nur einen Funken Besorgnis zeigte. Doch es kam nie. Die Augen der Frau blieben auf ihren Laptop gerichtet, ihre Finger bewegten sich schnell und hielten nur inne, um aus einer Wasserflasche zu nippen.
Als der Junge das Interesse an den Wasserläufen verlor, entdeckte er, dass sich trockener Sand hervorragend als Munition eignete. Er begann mit beiden Händen zu graben, schaufelte Klumpen und warf sie über seine Schulter, ohne hinzusehen.

Claire bekam einen Spritzer über ihre Schienbeine ab, und die feinen Körner klebten an ihrer Sonnencreme. Sie wischte sie langsam weg und erinnerte sich daran, dass sie nicht hier war, um etwas anzufangen. Aber der Lärm war fast noch schlimmer als die Sauerei.
Die schrillen Kommentare des Jungen, halb Schreie, halb unzusammenhängende Ausbrüche von Erregung, erhoben sich über das rhythmische Rauschen der Flut. Er erzählte alles, von der Form seines Sandhaufens bis hin zu seiner Theorie, dass irgendwo in der Nähe “ein echter Schatz” vergraben war.

Claire versuchte, sich auf ihr Buch zu konzentrieren, aber die Worte schwammen weiter. Die Verspannungen in ihrem Nacken, die sich auf der Fahrt hierher gelöst hatten, kamen wieder zum Vorschein. Dies sollte die ruhige Ecke des Strandes sein. Sie hatte ihn sorgfältig ausgesucht.
Doch jetzt war sie hier und teilte ihn mit einem Kind, das die Lautstärke nicht unter Kontrolle hatte, und einer Mutter, die in einem völlig anderen Universum zu leben schien. Als der Junge wieder an ihr vorbeirannte, diesmal mit einer Schnur aus nassem Seetang wie eine Luftschlange, atmete Claire durch die Nase aus und nahm einen langen Schluck aus ihrer Thermoskanne.

Noch nicht. Sie würde nicht zulassen, dass dieser Tag in eine weitere Konfrontation ausartete. Aber der dünne Faden ihrer Geduld zerfaserte, ein Sandkorn nach dem anderen. Beim nächsten Durchgang war es dann so weit. Der Junge rannte wieder über den Sand, diesmal mit einem halbvollen Eimer, der eine gepunktete Spur aus Meerwasser hinter sich her zog.
Als er vorbeikam, landete ein scharfer Spritzer auf der aufgeschlagenen Seite von Claires Buch und verformte das Papier augenblicklich. Sie erstarrte für einen Moment und starrte auf den sich kräuselnden Rand der Seite, dann klappte sie das Buch langsam zu. Ihr Puls pochte in ihren Ohren.

Das könnte eine einfache Sache sein, sagte sie sich; ein kurzes, höfliches Gespräch, kein Streit. Sie blickte zu der Mutter, die immer noch über ihren Laptop gebeugt war, wobei sich das Leuchten des Bildschirms in ihrer Sonnenbrille spiegelte.
“Entschuldigen Sie”, sagte Claire, ihre Stimme war ruhig, aber mit einer gewissen Zurückhaltung. “Ihr Sohn hat gerade Wasser auf mein Buch gespritzt. Könnten Sie ihn vielleicht bitten, ein bisschen vorsichtiger zu sein?” Die Frau blickte kurz auf, die Art von Blick, die man wirft, wenn man mitten im Satz in einer E-Mail unterbrochen wird.

“Oh, ich bin sicher, es war ein Versehen”, sagte sie und schenkte ihm ein dünnes Lächeln, bevor sie wieder zu Boden sah. “Er freut sich einfach, hier zu sein.” “Ich verstehe”, erwiderte Claire und zwang die Worte durch einen angespannten Kiefer, “aber vielleicht könnte er das Wasser näher am Ufer halten?”
Die Frau nickte vage, ohne etwas zu versprechen, und fuhr mit dem Tippen fort. Ein paar Sekunden später hörte Claire wieder das Lachen des Jungen, der bereits zum Wasser zurücklief. Claire nahm ihre Thermoskanne in die Hand und nahm einen langen, langsamen Schluck, um sich die Frustration von der Kühle wegspülen zu lassen.

Aber in Wahrheit fühlte es sich nur so an, als würde die Uhr jetzt ticken und den Moment herunterzählen, in dem ihre Geduld völlig am Ende sein würde. Claire versuchte, sich wieder ihrem Buch zuzuwenden, und redete sich ein, dass das halbherzige Nicken der Frau genug war. Aber das war Wunschdenken.
Die Energie des Jungen schien sich nach ihrem Wortwechsel zu verdoppeln, als wäre ihr Versuch, sich zurückzuhalten, eine Art Herausforderung gewesen, der er sich stellen musste. Der erste neue Vorfall ereignete sich Minuten später. Er hatte irgendwo an der Flutlinie einen Stock gefunden und zog ihn nun durch den Sand, wobei er Schlingenmuster schnitzte, die sich unterschiedslos über Handtücher und Strandtaschen zogen.

Claire bemerkte nicht einmal, dass er sich näherte, bis der Stock über den Rand ihres eigenen Handtuchs kratzte und einen Streifen feuchten, körnigen Sandes auf ihrem Knöchel hinterließ. Sie blickte scharf auf, aber der Junge war schon weggesprungen, zu sehr damit beschäftigt, “eine Rennbahn zu zeichnen”, um sie zu bemerken.
Sie drehte sich wieder zu seiner Mutter um. Die Frau lehnte jetzt näher an ihrem Laptop, die Augenbrauen konzentriert zusammengezogen, die Finger bewegten sich schnell. Woran auch immer sie arbeitete, es hatte sie völlig verschluckt. Claire unterdrückte den Drang, wieder zu sprechen.

Noch nicht, sagte sie sich. Nur … noch nicht. Sie erwog, ihre Sachen zu packen und sich an einen ruhigeren Ort zu begeben, irgendwo weit genug weg, um nicht jede Bewegung des Jungen verfolgen zu müssen. Aber als sie den Strand absuchte, sah sie, dass die offenen Sandflächen größtenteils verschwunden waren.
Weitere Sonnenschirme schossen wie Pilze aus dem Boden, Kühlboxen wurden an ihren Platz geschleppt, und in den letzten verbliebenen Lücken wurden Handtücher ausgebreitet. Wenn sie sich jetzt bewegte, würde sie nur eine Menschenmenge gegen eine andere eintauschen.

Der zweite Vorfall ließ ihr diesen Luxus ohnehin nicht. Der Junge hatte wieder angefangen zu graben und schleuderte große Bögen trockenen Sandes in die Luft. Es ging so schnell, dass Claire keine Zeit hatte, sich zu schützen; eine Gischt aus scharfen, sonnengebräunten Körnern traf ihre Beine, ihr Hemd und, was am schlimmsten war, die offene Öffnung ihrer Thermoskanne.
Einen Moment lang saß sie wie erstarrt da und sah zu, wie der Sand in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit versank und winzige Körnchen aufgewirbelt wurden wie Splitt in einer Schneekugel. Als sie sich schließlich bewegte, geschah dies langsam und bedächtig. Sie schloss den Deckel der Thermoskanne, bürstete sich ab und warf einen Blick auf ihre Kleidung.

Der leichte Stoff ihres Überwurfs klebte unangenehm an der Stelle, wo sich Schweiß und Sand vermischt hatten, und sie spürte, wie eine feine Schicht auf ihrer Haut kratzte. Ein hohles Lachen entkam ihr fast. Sie war hierher gekommen, um Ruhe zu finden, und jetzt konnte sie nicht einmal einen Schluck ihres eigenen Getränks nehmen, ohne den Strand selbst zu schmecken.
Die Mutter, immer noch ahnungslos, blickte nicht ein einziges Mal auf. Da wusste Claire, dass sie das, was auch immer als Nächstes kommen mochte, nicht mehr hinunterschlucken würde. Claire wischte sich die letzten hartnäckigen Sandkörner von ihrem Arm und stand schließlich auf.

Ihr Schatten erstreckte sich über das Handtuch der Mutter, als sie sich näherte, das Buch unter den einen Arm geklemmt, die Thermoskanne im anderen. “Hallo – entschuldigen Sie die Störung”, begann Claire mit ruhiger Stimme. “Ich versuche wirklich, geduldig zu sein, aber Ihr Sohn hat gerade Sand in mein Getränk und auf mich gekippt. Könnte er vielleicht ein bisschen weiter weg spielen?”
Die Finger der Frau schwebten einen Moment lang über der Tastatur, bevor sie sich zurücklehnte und ihre Sonnenbrille mit einem Fingerknöchel nach oben schob. “Er hat nur Spaß”, sagte sie und schenkte ihm ein höfliches Lächeln, das ihre Augen nicht ganz erreichte. “Kinder sind eben Kinder.”

“Ich weiß”, sagte Claire und milderte die Schärfe in ihrem Ton. “Er ist aufgeregt. Ich verstehe das. Es ist nur … die war vor einer Minute noch voll.” Sie hob die Thermoskanne einen Zentimeter an, ein dünner Ring aus Sand schwamm an der Oberfläche. “Und ich bin zugedeckt.”
Die Gespräche auf den Handtüchern in der Nähe verstummten. Eine Familie zwei Plätze weiter schaute hin und her wie Zuschauer bei einem Spiel; unter einem sonnengebleichten Regenschirm taten zwei Teenager so, als ob sie nicht starren wollten, und scheiterten.

Die Mutter blickte an Claire vorbei zu dem Jungen, der schon wieder auf das Wasser zustürmte, und dann wieder auf ihren Laptop. “Es ist ein Strand”, sagte die Frau leichthin und hob eine Schulter. “Sand kommt vor.” “Natürlich”, erwiderte Claire.
“Ich bitte nicht um Ruhe – nur um ein bisschen Platz, damit er nicht die Leute bespritzt oder Sand auf ihre Sachen wirft. Es gibt genug Platz.” Das Lächeln der Frau verblasste zu etwas Sprödem. Sie tippte einmal auf das Trackpad, als wollte sie den Punkt unterstreichen.

“Ich brauche keine Ratschläge, wie ich auf mein Kind aufpassen soll, vielen Dank.” Es entstand eine kleine Stille. Der ältere Mann, der es vorhin bemerkt hatte, schüttelte leicht den Kopf, ein Zeichen des Mitgefühls, das nicht ganz bis zum Eingreifen reichte.
Eine Frau, die im Schneidersitz auf einem Handtuch in der Nähe saß, sah Claire mit einem Blick an, der zu gleichen Teilen Mitleid und Resignation ausdrückte, als wollte sie sagen: “Diesmal wirst du nicht gewinnen. Claire atmete gleichmäßig aus. “Ich will Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie Ihre Kinder erziehen sollen”, sagte sie, jetzt sanfter. “Ich bitte nur um etwas Rücksichtnahme.” “Dann ziehen Sie um”, sagte die Mutter, die sich bereits wieder ihrem Bildschirm zuwandte. “

Es gibt genug Strand.” Sie tippte weiter, das leise Klacken der Tasten beendete das Gespräch absichtlich. Claire stand noch eine Sekunde länger da, den Puls in den Ohren, dann trat sie zurück zu ihrem Handtuch, die Luft zwischen ihnen war eng und sauer, als das Lachen des Jungen den Sand hinaufgetragen wurde.
Der Junge war bereits auf seiner nächsten Mission und stampfte mit seinen Absätzen einen nassen Graben in den Sand, jeder Spritzer laut und bedächtig, der Rhythmus drang direkt in Claires Ohren. Sie schlug ihr Buch wieder auf, aber die Worte wollten nicht an ihrem Platz bleiben. Jedes Kichern, jedes Platschen, jeder Stoß fühlte sich wie ein absichtlicher Schlag an.

Sie saß wie erstarrt auf ihrem Stuhl, das Gewicht der Situation lag ihr wie ein Stein im Magen. Es gab nichts, was sie sagen konnte, was etwas bewirken würde. Die Mutter hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht daran interessiert war, von ihr zu hören, und der Junge schien mehr Energie zu haben als die Flut selbst.
Die Blicke waren inzwischen verklungen, aber die Hitze des kurzen Rampenlichts hielt noch an und ließ ihre Wangen noch lange brennen, nachdem der Moment vorüber war. Mit jedem neuen Lachen des Jungen spritzte Sand auf ihre Beine, auf ihr Handtuch und sogar auf den Rücken ihres bereits feuchten Buches.

Claire wischte ihn mechanisch ab, die frühere Wärme des Tages wurde durch ein dumpfes Unbehagen und einen dumpfen Schmerz in ihren Schläfen ersetzt. Der Junge war inzwischen mehrmals zum Ufer gegangen und hatte seinen kleinen Eimer bis zum Rand mit einer Mischung aus Meerwasser und schwerem, nassem Sand gefüllt.
Jedes Mal war die Last zu groß für ihn. Er taumelte auf halbem Weg zurück, bevor der Eimer umkippte und seinen Inhalt in den Sand kippte, lange bevor er seine Mutter erreichte. Claire konnte nicht anders, als dem Treiben zuzusehen, halb amüsiert, halb aus Angst vor dem Chaos, während die Mutter des Jungen völlig unbeteiligt weiter tippte.

Bei einer seiner Pausen blieb der Junge in der Nähe von Claires Handtuch stehen. Er warf einen Blick auf den größeren Eimer, in dem sie ein paar Dinge aufbewahrte, ihre Sonnencreme, eine zusätzliche Flasche Wasser und ein zusammengerolltes Handtuch, und seine Augen leuchteten auf. “Entschuldigen Sie”, sagte er mit unerwartet höflicher Stimme, “könnte ich mir Ihren Eimer ausleihen? Ich möchte eine größere Sandburg bauen.”
Claire zögerte. Der Eimer war schwerer, und sie wusste, dass es für ein Kind seiner Größe wahrscheinlich nicht die beste Idee war, ihn voller Wasser und Sand herumzuschleppen. Aber sein Eifer erweichte sie. Sie holte ihre Sachen heraus, stellte sie neben ihren Stuhl und reichte ihm den Eimer. “Sicher”, sagte sie und brachte ein kleines Lächeln zustande. “Pass nur auf, dass du niemanden damit bekleckerst, okay?”

“Okay! Danke!”, erwiderte der Junge strahlend und trottete mit seiner Beute in Richtung Ufer davon. Für einen kurzen Moment fühlte sich Claire fast selbst leichter, bis der Kopf der Mutter hochschnellte. “Hey!”, bellte sie, und ihre Stimme klang so scharf, dass ein paar Strandbesucher in der Nähe sich umdrehten. “So redest du nicht mit meinem Sohn.”
Claire blinzelte verwirrt. “Ich habe ihm nur gesagt, dass er vorsichtig sein soll”, sagte sie, wobei sie ihren Tonfall beibehielt. “Er wollte sich meinen Eimer ausleihen, und ich habe ihn gelassen. Das ist alles.” Die Lippen der Mutter verzogen sich zu einer dünnen Linie. “Wenn du ein Problem hast, sprichst du mit mir, nicht mit ihm”, schnauzte sie, wobei ihre Sonnenbrille das grelle Sonnenlicht wie ein Schild auf Claire zurückwarf.

Um sie herum veränderte sich die Luft. Die Gespräche verstummten. Claire konnte die Blicke wieder spüren; einige neugierig, einige mitleidig, einige mit diesem kaum verhohlenen “Oh, jetzt geht’s los”-Blick. Die Teenager von vorhin setzten sich aufrechter hin, um zuzusehen, und ein Paar, das zwei Handtücher weiter saß, tauschte Blicke aus wie Zuschauer, die sich auf die nächste Runde einstimmen.
“Ich rede mit dir”, sagte Claire gleichmäßig, obwohl ihre Wangen brannten. “Die Mutter des Jungen unterbrach sie mit einer scharfen Handbewegung und murmelte etwas vor sich hin, während sie sich wieder ihrem Laptop zuwandte und damit signalisierte, dass das Gespräch in ihrem Kopf beendet war.

Claire erwog, ihre Sachen zu packen. Vielleicht sollte sie sich ein ruhigeres Plätzchen weiter unten am Strand suchen. Aber der Gedanke, über den heißen Sand zu stapfen, mit ihren Sachen zu jonglieren und wieder nach Ruhe zu suchen, war anstrengend.
Seufzend klappte sie ihr Buch zu und fand sich mit der Tatsache ab, dass dieser Tag von dem Moment an, als sie ankamen, ein hoffnungsloser Fall gewesen war. Und dann geschah es. Der Junge kam wieder vom Ufer zurück, sein Eimer war so voll, dass er überlief, und das Wasser glitzerte im Sonnenlicht.

Diesmal stürmte er geradewegs auf seine Mutter zu, ohne den Rand ihres Strandtuchs zu sehen. Er blieb mit dem Fuß hängen und wurde nach vorne geschleudert. Der Inhalt des Eimers, eine volle Welle aus Meerwasser und körnigem Sand, flog in einem perfekten Bogen, bevor er auf den offenen Laptop im Schoß seiner Mutter krachte.
Das Zischen ertönte sofort, gefolgt von einem schwachen, unheimlichen Zischen und dann dem scharfen Knall, als der Bildschirm schwarz wurde. Das Gesicht der Frau erstarrte vor Entsetzen, dann verfiel sie in Panik. “Liam!”, kreischte sie, sprang auf und ließ das Gerät fast fallen. “Was in aller Welt hast du dir dabei gedacht?!”

Die Reaktion um sie herum erfolgte sofort. Ein paar Sonnenanbeter in der Nähe richteten sich auf und machten große Augen. Jemand stieß ein kurzes, gedämpftes Lachen aus, das ein paar weitere Kicherer auf den Plan rief. Das Pärchen unter dem blauen Schirm grinste jetzt offen, und der eine lehnte sich mit einer geflüsterten Bemerkung an den anderen, die beide noch mehr zum Lachen brachte.
“Ich habe es dir gezeigt”, murmelte Liam mit verwirrter, kleiner Stimme. “Ich habe ein großes Schloss gebaut”, schnauzte seine Mutter, “es ist mir egal, was du gebaut hast”, schnappte sich ein Handtuch und wischte wütend über die tropfende Tastatur.

“Oh mein Gott … das darf nicht wahr sein … ich habe vielleicht alles verloren … meine ganze Arbeit …” Ihre Stimme schwankte zwischen Panik und Wut, während sie immer wieder auf den Einschaltknopf drückte, jeder Druck verzweifelter als der letzte.
Ein paar Handtücher weiter ertönte weiteres Gelächter, und der ältere Mann, der Claire vorhin einen mitleidigen Blick zugeworfen hatte, nickte ihr nun zustimmend zu. Claire lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem zufriedenen Lächeln.

“Kinder werden Kinder sein”, sagte sie leichthin, ihre Stimme war gerade laut genug, um sich durchzusetzen. Die Mutter erstarrte für eine halbe Sekunde, die Augen verengten sich zu scharfen Schlitzen, bevor sie den Laptop mit ruckartigen Bewegungen in ihre Tasche schob. Hastig rollte sie ihr Handtuch zusammen, knallte den Deckel der Kühlbox zu und rief mit knappen, engen Silben nach Liam.
Der Junge folgte ihr widerstrebend, wobei er seinen Eimer hinter sich herschleppte und eine Spur im Sand hinterließ. Als sie über den Sand schlenderten, folgten ihnen ein paar weitere Kicherer. Das Paar unter dem blauen Schirm grinste Claire offen an, und einer von ihnen hob sein Getränk zu einem kleinen, verschwörerischen Trinkspruch.

Der ältere Mann, der sie vorhin mitleidig angesehen hatte, nickte ihr zustimmend zu, so wie man jemandem zustimmt, der gerade gesehen hat, wie sich Gerechtigkeit in Echtzeit vollzieht. Sogar die Gruppe von Teenagern, die bei ihrer früheren Konfrontation geschmunzelt hatte, lachte jetzt leise vor sich hin und blickte den weggehenden Gestalten nach.
Claire ließ den Moment über sich ergehen, und die Genugtuung wärmte sie von innen heraus auf eine Weise, wie es die Sonne nicht vermochte. Sie beobachtete, wie sich die steifen Schultern der Mutter zurückzogen, bis sie in dem Wirrwarr aus Handtüchern und Regenschirmen in der Nähe des Haupteingangs verschwanden, den Jungen wie ein Schiff im Schlepptau.

Das Kichern verstummte, und an seine Stelle trat wieder das rhythmische Rauschen der Wellen, die sich zurückzogen. Und mit einem Mal fühlte sich die Luft leichter an. Die Anspannung, die sich den ganzen Nachmittag über in ihrer Brust aufgestaut hatte, löste sich und wurde durch eine leichte Ruhe ersetzt.
Der Geruch von Salz und Sonnencreme wehte wieder ungehindert, und die einzigen Stimmen, die sie jetzt erreichten, waren weit entfernt und sanft und fügten sich in die Geräuschkulisse des Strandes ein, anstatt sie zu durchbrechen. Sie streckte ihre Beine aus und grub ihre Zehen in den warmen, pudrigen Sand, bis er sie ganz vergraben hatte.

Mit den Schultern lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück, der Stoff schmiegte sich auf eine Weise an sie, die sich fast nachsichtig anfühlte. Sie schlug ihr Buch auf, dessen Seiten nun vor verirrten Spritzern und Sandstürmen geschützt waren, und nahm einen langen, langsamen Atemzug aus ihrer Thermoskanne.
Das leise Klirren des schmelzenden Eises auf dem Metall war fast musikalisch. Zum ersten Mal an diesem Tag hörte sie nichts anderes als das Meer, gleichmäßig, zeitlos und in diesem Moment ganz für sich. Sie blätterte eine Seite um, wobei sich ihre Mundwinkel noch immer zu einem kleinen Lächeln verzogen. Der Tag war nicht nur gerettet worden. Er war zurückgewonnen worden.
